Kirche im Wandel gesund leiten Teil III: Hilfen für Leiter, damit sie Wandel gesund leiten können.

Die Last von Wandel lastet vor allem auf den Schultern des Leiters. Der Leiter ist vielleicht der einzige, der sich nicht einfach aus dem Staub machen kann. Andere können sagen: „Da mach ich nicht mehr mit. Ich gehe in eine andere Gemeinde“. Er muss bleiben. Er muss klarkommen. Bei ihm laden die Leute ihren Frust ab. Er trägt die letzte Verantwortung für den Erfolg dieses Wandels. Dieser Druck lässt sich nach Feierabend nicht einfach abschütteln. Wir sind nicht mehr zugänglich für den Ehepartner und die Familie und wir werden empfänglich für ungute Seelentröster. Deshalb müssen Leiter lernen den lebenswichtigen Wandel gesund zu leiten.

Teil I noch nicht gelesen? Kirche im Wandel gesund leiten Teil I: Verstehen warum Kirche sich wandeln muss

Teil II noch nicht gelesen? Kirchen im Wandel gesund leiten Teil II: Wandel emotional erleben


Halte dich an dem „Warum“ deiner Gemeinde fest – hilft gegen Beunruhigung

Als wir vor vielen Jahr ein Bauprojekt hatten, kam der Punkt der Beunruhigung für mache dann, als wir eine völlig intakte Einzeltüre entsorgten. Dafür haben wir ein Fenster bis zum Boden ausgeschnitten, um daraus eine breite doppelte Eingangstüre zu machen. So etwas ist im Schwabenland ja immer gefährlich, denn die alte Eingangstüre tut es ja noch. Insbesondere eine Person konnte nicht verstehen, warum wir das machten. Sie verstärkte ihre Sichtweise mit der Bemerkung: „Da kann man ja nichts mehr geben.“ Gelöst haben wir die Sache mit dem Warum. Neben mir stand eine Frau und sie sagte spontan: „Wir wollen doch, dass viele Leute kommen. Das war der Grund,warum wir neue Räumlichkeiten erworben haben. Denn wenn Gott unsere Gebete für neue Leute erhört, dann sind unsere Räume zu klein“. Das Warum hat uns gerettet.

Wenn wir uns im Tunnel des Chaos befinden, dann brauchen wir eine klare Orientierung. Ein klares Gefühl, warum wir diesen neuen Weg gehen. Warum wir Dinge nicht mehr tun, die wir bisher getan haben. Klarheit über das Warum, wird uns helfen unnötige und ermüdende Diskussionen im Wandel auf ein Minimum zu reduzieren. Im Wandel brauchen wir die Kraft für den Wandel und nicht für ermüdende Diskussionen darüber, ob wir Wandel wollen, brauchen oder ob nicht früher doch alles besser war.

Wenn du zum Beispiel ein neues Stage-Design in deiner Gemeinde vornimmst, dann wirst du Menschen besser dafür gewinnen können, wenn sie das Warum dahinter verstehen: Es geht nicht einfach darum ein cooleres Design zu haben. Wir machen es auch nicht, weil wir Geld in der Kasse übrighaben. Wir machen es, weil wir als Kirche dafür existieren, dass Menschen von heute einen zeitgemäßen und alltagtauglichen Zugang zu dem Gott der Bibel bekommen.

Mir hat eine Sache enorm geholfen als ich meinen Wandel von Süddeutschland nach Ostdeutschland vollzogen habe. Steven Pressfield in seinem Buch „Do the Work: Overcome Resistance and Get Out of Your Own Way“ schreibt, dass wenn wir uns auf eine Idee einlassen, dann gibt es nur eine Rettung – Stay stupid = bleibe einfältig.

Es gab eine Zeit des Abwägens, eine Zeit, in der eine Entscheidung heranreifen konnte. Dann kam die Entscheidung – ich vollzog einen persönlichen Wandel. Und ab diesem Zeitpunkt hielt ich mich an diesen Rat – stay stupid. Bleibe einfältig. Wenn Widerstand kam, haben wir  nicht gleich alles wieder in Frage gestellt. Wenn Ressourcen nicht vorhanden waren, haben wir nicht aufgehört. Einfach weiter gehen – wenn Zweifel kamen, wenn Angriffe kamen, wenn uns andere Menschen sogar nahelegten nach zwei Jahren wieder zurückzukehren, weil wir an einem schwierigen Punkt angekommen waren. Wir haben nicht alles wieder hochgeholt und nochmals diskutiert. Wir gingen einfach weiter. Wir wussten, warum wir nach Ostdeutschland gekommen waren.

Das Warum hilft dir gerade, wenn es beunruhigend wird, weiterhin auf Sieg zu spielen und nicht auf Sicherheit. Wir haben in Erfurt Räume angemietet für unser „Wohnzimmer für Beweger“. Ich fühlte mich total unsicher, weil es viel Geld war, das ich aufbringen musste. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass es richtig war. Ich bin zu meinem Finanzmanager gegangen, um mit ihm die Situation zu reflektieren. Er hat etwas getan, dass total stark war, aber was ich nicht von ihm erwartet hätte. Als wir miteinander sprachen sagte er, „James wir haben eine Vision in den nächsten fünf Jahren zusätzlich zu den fünf weitere zehn neue Kirchen zu starten. Dann müssen wir Raum schaffen für weitere Gemeindegründer. Wir dürfen nicht nur auf das schauen, was wir jetzt brauchen, sondern darauf, wo wir hinwollen“. Er als Finanzverantwortlicher hat die Sache weg von den Finanzen genommen und mich als visionären Leader wieder auf unsere Vision, auf unser Warum fokussiert.

Wandel braucht auch Hingabe und Opfer. Das Warum erzeugt Hingabe und Leidensbereitschaft.

Er war bereit, den Tod der Schande am Kreuz zu sterben, weil er wusste, welche Freude ihn danach erwartete.

Die Bibel; Hebräer 12,2

Einer meiner jungen Vikare wurde von einem Leiter gefragt, wieviel bezahlt werden müsste, um einen Vikar zu bekommen. Seine Antwort war, „James hat gesagt, wir müssen unser Geld selbst mitbringen“. Die Warum-Frage gut zu beantworten, erzeugt Hingabe, Bereitschaft und Mitverantwortung. Irgendwie, durch Gottes Gnade, habe ich es geschafft, die Herzen dieser jungen Menschen zu gewinnen. Nicht indem ich ihnen große Gehälter versprochen habe, sondern indem ich ihnen eine Vision, eine Perspektive gab. Letzten Endes wurden sie angesprochen von dem Warum.

Das Warum Jesu war deine und meine Erlösung. Dafür hat er seine Existenz aufs Spiel gesetzt. Mein Warum heißt #ostdeutschlandglaubt. Ich setze meine Existenz aufs Spiel, damit dieser Traum Wirklichkeit wird. In Phasen der Angst und Unsicherheit kann dieses Warum mich stärken. Wir leben Wandel, damit Ostdeutschland morgen mehr glaubt als heute. Wir gehen durch diesen Tunnel des Chaos, damit es Morgen normaler ist in Ostdeutschland die Bibel zu lesen als heute. Morgen werden mehr Mamas und Papas abends mit ihren Kindern beten, bevor diese schlafen gehen. Morgen werden mehr Mitmenschen in Ostdeutschland ihre Sorgen und Nöte Gott im Gebet bringen als heute. Dieses Warum erzeugt Hingabe und Leidensbereitschaft.

Gestalte den Wandel – hilft gegen empfundene Unfairness

Nicht jeder erlebt Wandel gleich. Wenn Kirche Wandel durchlebt, dann gibt es die Verlierer und die Gewinner. Es gibt die, die loslassen müssen und es gibt die, die sich freuen, dass es endlich anders wird.

Als Leiter müssen wir beide Gruppen im Blick haben. Wir müssen auch verstehen, dass es eine emotionale und eine sachliche Eben zum Wandel gibt. Die „Verlierer“ befinden sich oft auf der emotionalen Ebene. Sie fanden es schön, wie es bisher war. Schade, dass es sich jetzt ändert. Sie haben sich aufgeopfert, damit die Gemeinde dasteht, wo sie heute ist. Oder es gibt die, die bisher im Rampenlicht standen und den Platz jetzt für andere frei machen müssen.

Hier ist es sicherlich gut, einen Raum zu gestalten, in dem getrauert werden kann,wo Emotionen verbalisiert werden können. Wo Herzen auch dadurch gewonnen werden können, dass man aufzeigt wie wichtig ihr Beitrag bisher war und wie das, was kommt, nur möglich ist, weil sie sich bisher so engagiert haben. Als wir ein neues Gemeindeanwesen gekauft und umgebaut haben, dann war es nicht durch die, die jetzt vor allem vorne standen. Es waren die alten Gemeindeleute von damals, die ihren Acker gespendet hatten, damit wir das Anwesen kaufen konnten. Sie waren bei den Baueinsätzen dabei. Menschen, die sich mit dem Wandel schwertun, sind nicht einfach doofe Bremser. Sie tun sich einfach schwer mit dem Wandel, weil es sie einiges kostet. Ich habe erlebt, dass sich viele schwertaten, aber doch voll dabei waren. Einige haben mir manchmal das Leben nicht so leicht gemacht und doch waren sie es, die so viel ermöglicht haben und als ich ging, wurde ich unter Tränen von ihnen verabschiedet.

Es hilft auch, vielleicht einen kurzen Augenblick innezuhalten, um das, was bisher war und die, die bisher in der ersten Reihe waren, zu würdigen. Damit meine ich, darauf zu achten, dass das, was abgeschlossen wird, nicht nur kurz erwähnt wird, bevor im nächsten Atemzug von der neuen Vision, dem neuen Leiter und die bessere Zukunft geschwärmt wird.

In den letzten fünf Jahren habe ich persönlich als Leiter sehr viel Wandel durchlebt. Das bedeutete auch Ämter, Positionen und Leitungsteams zu verlassen. Ich habe schönes erlebt und auch schmerzhaftes. Es hat mir mehrmals Schmerzen bereitet als ich als Leiter aus verschiedenen Teams und Diensten ausgeschieden bin und kein Wort der persönlichen Danksagung gefallen ist. Wenn du Wandel gut gestalten willst, dann achte darauf, Dinge zu einem guten, wertschätzenden Abschluss zu bringen. Ich habe auch viel Wertschätzung erlebt. Es sind keine Rechnungen offen bei mir. Ich will nur mein Herz öffnen, weil ich glaube, dass es wichtig ist, Dinge gut zu beenden, damit das Kommende gut an den Start gehen kann.

Gestalte aber auch das Kommende. Der Wandel lebt von denen, die mit Leidenschaft, diesen Wandel suchen, weil sie an eine bessere Zukunft glauben. Diese Menschen machen Wandel überhaupt erst möglich. Sie sind unsere Helden im Tunnel des Chaos und wir müssen aufpassen, dass aus unseren Helden keine Opfer werden. Diese Helden gehören zur Gruppe der Gewinner im Wandel. Sie sind auch die, die dafür sorgen, dass alle durch diesen Wandel eine bessere Zukunft gewinnen. Diese Menschen sind vollauf begeistert für den Wandel. Sie wollen Fortschritt sehen. Sie brauchen die sachliche Ebene. Wie gehen wir Dinge an? Wie erzielen wir Fortschritt? Wenn wir nur damit beschäftigt sind, die Trauernden zu trösten und die sich Freuenden übersehen und immer damit vertrösten, dass es bald losgeht, dann werden wir sie frustrieren. Aus unseren Helden werden dann Opfer und gut möglich, dass wir dann auch sie und mit ihnen die bessere Zukunft verlieren.

Sie brauchen Räume, in denen man auch gefährliche Gedanken denken darf, wo nicht die Tradition bestimmend ist, sondern die Zukunft. Sie brauchen einen Raum, in dem Wandel gefeiert werden darf. Als junger Pastor hat mir dieser Raum gefehlt. Ich führte die Kirche in Wandel hinein. Erste Erfolge wurden sichtbar. Man war positiv mir gegenüber und freute sich über die Entwicklung. Aber es gab keinen, der kam und sagte: „James, was du tust ist richtig. Lass dich nicht einschüchtern. Zieh dein Ding durch.“ Es war eher so halbherzig. „Ja, du machst das gut, aber so ein Pfingstjubellied ist auch was Gutes.“ Leute, wenn wir damals diesen Prozess nicht gegangen wären, wäre heute keine Gemeinde mehr da.

Hier war ein junges Leiterehepaar, das auf dem Land eine 40 Jahre alte Gemeinde erneuerte. Sie waren jeden Abend unterwegs. Sie hatten viele Jahre lang immer Leute am Sonntagnachmittag bei sich zuhause. Der Ehemann arbeitete voll für diese Gemeinde, wurde aber erst nach über einem Jahrzehnt voll nach Richtlinie bezahlt. Hey Leute, er hat nicht alles richtig gemacht. Aber was wäre so schlimm daran gewesen, dieses junge Leiterehepaar mal richtig anzufeuern, mal Position zu beziehen und zu sagen: „Das geht in die richtige Richtung“?! Menschen, die für Veränderung stehen und den Wandel einleiten und durchführen, brauchen Ermutigung und müssen angefeuert werden.

Wir müssen Räume gestalten, in denen Emotionen aufgefangen werden können und in denen Beweger und Veränderer angefeuert werden. Und wir müssen den Prozess gestalten.

Als ich dabeiwar meine Gemeinde zu verlassen kam es kurz zu Irritationen, weil die Ältesten ohne Absprache mit mir anfingen, sich um einen Nachfolger zu kümmern. Das hat Emotionen bei mir ausgelöst, weil ich mich übergangen fühlte. Ich war ja immer noch Pastor der Gemeinde. Ich habe gemerkt, dass ich diesen Prozess gestalten muss. Wir legten ein Datum fest, an dem ich die Geschäfte der Gemeinde in die Hände der Ältesten zurücklegte. Ich gab einen kleinen Rechenschaftsbericht und ich überreichte die Dokumente und Formulare auf einer Festplatte. Ab diesem Zeitpunkt, sagte ich, dürften sie sich ohne mich treffen und sich um die Zukunft kümmern. Ich bot an, bei der Nachfolgefrage zu helfen, sagte aber, dass es auch okay sei, wenn sie es ohne mich lösen wollten. Das war alles einige Monate bevor ich tatsächlich meinen Dienst dort beendet habe. Mir geht es nicht so sehr darum, wie wir es gemacht haben. Da gibt es bestimmt verschiedene Vorgehensweisen. Was wichtig war in diesem sehr emotionalen Veränderungsprozess war, dass wir den Wandel proaktiv gestaltet haben. Das war wichtig.

Wenn wir als Leiter den Wandel nicht gestalten, dann werden andere Kräfte und Emotionen anfangen sie zu gestalten. Reaktionäre Kräfte werden versuchen, alles beim Alten zu belassen. Emotionen werden Menschen dazu bewegen zu versuchen, ihre Vorlieben und Bedürfnisse zu befriedigen. Progressive Kräfte werden den Bogen überspannen. Wir sollten Wandel gestalten, damit alle unsere Kräfte so gut wie möglich in die eine richtige Richtung gehen.

Achte auf dich selbst – hilft, wenn es persönlich wird

Als Leiter bist du der Motor für den Wandel. Du bist der Visionsträger dafür. Ohne dich gibt es keinen guten, notwendigen, heilvollen Wandel. Deshalb achte auf dich selbst.

Ich spüre sehr stark, dass der Wandel, für den ich in meiner Situation stehe, weniger von meiner Kompetenz lebt als von der Person, die ich bin. Im Wandel kann man sich so gut wie möglich anstellen, den Prozess gestalten und mit bester Absicht handeln. Und doch werden wir Fehler machen und Menschen verletzen. Hier braucht ein Leiter die Demut um Vergebung zu bitten. Ein Leiter wird auch übergangen werden. Er muss also auch bereit sein zu vergeben.

Wer ich im Wandel bin ist viel wichtiger als das, was ich persönlich für den Wandel tun kann. Kirche im Wandel braucht nicht zuerst hochkompetente Fähigkeiten für Changemanagement, sondern sie braucht zuerst integre Leiterpersönlichkeiten. Die alte Weisheit „Charisma ohne Charakter ist eine Katastrophe“ trifft auch auf Kirche im Wandel zu. Wandel ohne Charakter ist eine Katastrophe.

Wandel bedeutet auch Spannung auszuhalten. Es gibt Phasen, in denen wir als Leiter Kraft brauchen, um viele Stunden zu arbeiten. Manchmal jedoch, gerade im Wandel, brauchen wir Leiter einfach viel Energie, um die emotionale Spannung auszuhalten. Und in dem allen muss ich noch ein geistliches Vorbild sein, das mit geistlicher Kraft und Vollmacht agiert.

Ein Leiter hat mich mal gefragt wie es mir geht. Ich erzählte ihm wie es mir geht. Ich erzählte auch von den Herausforderungen, mit denen ich es zu tun hatte. Er sagte dann, „James du bist echt am richtigen Platz. Man spürt die Leidenschaft in dir“. Hey, das ist doch cool. Du erzählst von deinen Problemen und Leute hören immer noch Leidenschaft heraus. Das will ich mir bewahren. Das geschieht aber nicht automatisch. Wir müssen proaktiv auf uns selbst achtgeben.

Einige Dinge erlebe ich dabei als sehr hilfreich.

Bleibe bei dir selbst

Der Wandel der Kirche fordert mehr als ich persönlich liefern kann. Aufgaben müssen erledigt werden, für die ich nicht geeignet bin. Fähigkeiten werden benötigt, die ich nicht habe. Mehr Kraft wird verlangt als ich selbst investieren kann. Die Gefahr besteht darin, dass ich überall dorthin laufe, wo gerade ein Notstand ist. Ich versuche Lücken zu schließen und übernehme Aufgaben, die nicht zu mir passen. Wir erliegen der Angst: „Wenn ich nicht einspringe, dann fällt alles auseinander, dann klappt es nicht“. In Wirklichkeit verlierst du deine Energie, deine Leidenschaft, weil du dich außerhalb von deiner Salbung aufhältst.

Von David können wir lernen mutig bei uns selbst zu bleiben.

»Ich kann darin nicht gehen«, protestierte er, »ich bin nicht daran gewöhnt.« Und er legte die Rüstung wieder ab.

Die Bibel; 1. Samuel 17,39

Es reicht nicht zu erkennen, dass etwas gemacht werden muss. Ich muss mich auch fragen, bin ich der, der in der Lage ist es zu tun. Ist das meins?

Ich leite Kirche im Wandel und erlebe, dass ich kontinuierlich reflektieren muss, wer ich bin. Wie hat Gott mich geschaffen? Was sind meine Rollen? Wer bin ich nicht? Was soll ich tun und was soll ich nicht tun? Jeder Leiter braucht eine „To-do-Liste“. Genauso sollte jeder Leiter auch eine „Not-To-do-Liste“ haben.

Für mich war es enorm hilfreich, Menschen an meiner Seite zu haben, die mich davon befreit haben, Dinge zu tun, die zwar wichtig sind und getan werden müssen, aber für die ich keine Energie habe. Ich kann sie wahrscheinlich machen, aber ich habe dafür keine Energie und Leidenschaft von Gott bekommen. Ich kann nicht jede Lücke ausfüllen, die durch den Wandel entsteht. Ich kann nicht alles auffangen, was nicht richtig funktioniert oder wackelt. Ich werde es auch nicht verhindern können, dass nicht alles, was wir angehen, erfolgreich ist. Manches wird nicht funktionieren. Ich werde es auch nicht retten können. Ich muss bei dem bleiben, was meins ist.

Gute Gewohnheiten, die uns stärken und inspiriert halten

Der Alltag einer Kirche im Wandel konfrontiert uns oft mit Problemen, für die wir als Leiter Lösungen finden müssen. Dazu kommen die ätzenden Gespräche mit Menschen, die sich mal wieder beschweren wollen und dir vorwerfen, dass du die Gemeinde direkt in die Gottlosigkeit führst. Du brauchst Zeiten, in denen du dich, wie David es tat, in dem Herrn stärkst. Genauso brauchst du Zeiten, in denen du dich mit dem Bild der Zukunft beschäftigst, dass Begeisterung in dir auslöst. Zeiten, in denen du dich inspirierst. Das ist die Quelle deiner Existenz als Leiter.

Ich stellte fest, dass ich es oft nicht schaffte, meine Gebetsspaziergänge zu machen, die ich früher so gerne gemacht habe. Genauso fehlte mir oft die Zeit, Bücher zu lesen. Für mich ist das, zusammen mit Bibellesen und Gebet, der Hauptweg wie ich im Dienstalltag inspiriert bleibe.

Zusammen mit meinem geistlichen Begleiter (wohl dem, der einen hat!) habe ich meinen Tagesrhythmus neu eingestellt. An vier Tagen der Woche hat niemand von 8 bis 10 Uhr Zugang zu mir. Diese Zeit sehe ich als Teil meiner Arbeit. Hier mache ich meine Gebetsspaziergänge und lese Bücher, die mich inspirieren. Es ist die Zeit, in der ich an der Quelle meines Lebens, meiner Salbung, meiner Vision, meiner Kraft, meiner Inspiration bin. Also, ich bin an der Quelle von all dem, was mich dazu bringt, das zu tun, was ich tue.

Die Frage ist nicht, ob ich es mir leisten kann, mir diese Zeit zu nehmen. Die Frage ist, ob ich es mir leisten kann, mir diese Zeit nicht zu nehmen.

Mir ist bei den Opfervorschriften im Alten Testament etwas aufgefallen. Es gab die täglichen Opfer und es gab die besonderen Opfer: Die Opfer am Sabbat. Die monatlichen Opfer. Die Opfer am Passahfest. Die Opfer für das Fest der Ernte usw.

Die besonderen Opfer werden immer mit dem Hinweis beschrieben:

Sie sollen zusätzlich zu den üblichen täglichen Brandopfern und den dazugehörigen Trankopfern dargebracht werden.

Die Bibel; 4. Mose 28,24

Das heißt, um geistlich fit und inspiriert zu bleiben, brauchen wir tägliche, regelmäßige und gute Gewohnheiten und wir brauchen zusätzliche Gewohnheiten.

Zusätzlich zu meinen täglichen guten Gewohnheiten wie dem Lesen der Jahresbibel, meinen Gebetsspaziergängen und dem Lesen von Büchern, habe ich ein paar besondere Highlights eingebaut.

Einmal im Jahr nehme ich teil an den Stillen Tagen für Leiter. Dann verbringe ich 1 bis 2 Mal im Jahr einen ganzen Tag mit meinem geistlichen Begleiter und ca. einmal im Monat telefonieren wir miteinander.

Zudem habe ich einen Coach, der mich als Führungskraft vier Mal im Jahr coacht. Weil mir diese Begleitung so wichtig ist, nehme ich dafür auch Geld in die Hand.

Einer der wichtigsten Fragen, die du dir als Leiter beantworten musst ist, wie du geistlich fit und inspiriert für den Auftrag bleibst, den Gott dir gegeben hat. Du musst es nicht so machen wie ich, aber du musst es machen.

Mach dich vom Erfolg nicht abhängig

Ich bin nicht nach Ostdeutschland gezogen, damit alles so bleibt wie es ist. Ich möchte erfolgreich an einem geistlichen Wandel beteiligt sein. Ich möchte, dass meine Anstrengungen reichlich gute Früchte der positiven Veränderung tragen.

Gleichzeitig war es mir, als ich in Thüringen ankam, innerlich so als würde Gott zu mir sagen: „Verabschiede dich von deinem Erfolg. “Heute würde ich es so ausdrücken: Mach dich vom Erfolg nicht abhängig. Tue das, was Gott von dir will und überlass ihm die Sache mit dem Erfolg.

Steve Addison ist eine wichtige Stimme im Bereich Multiplikation von Jüngern und Gemeinden. In seinem Buch „Pioneering Movements that multiply disciples and churches“ beschreibt er eine sehr dunkle Zeit in seiner Biografie. Im Jahr 2008 ist er gegen eine Wand gelaufen. Alles, was er tun konnte, war einen Tag nach dem anderen zu bewältigen. Manchmal konnte er nur von Stunde zu Stunde leben. Monatelang glaubte er nicht, dass er je einen Weg rausfinden könnte. Es fühlte sich für ihn so an als hätte Gott ihn im Stich gelassen.

Dann, eines Tages, saß er im Büro seines gläubigen Psychiaters und versuchte etwas Mitleid zu bekommen. Er erzählte ihm, wie er alt werden würde, ohne zu erleben wie seine Träume erfüllt würden. Sein Leben würde kein Vermächtnis hinterlassen. Sein Psychiater schaute ihm direkt in die Augen und fragte: „Wer hat dir ein Vermächtnis versprochen?“ Er öffnete die Schublade seines Schreibtisches, holte ein Neues Testament heraus und fing an Bibelstellen von der Liebe Gottes vorzulesen. Es gab keine Garantie auf Erfolg. Es gab keine Garantie, dass seine Träume sich erfüllen würden, auch wenn er dachte, dass ihm das zustünde. Es gab nur das Versprechen der ewigen Liebe Gottes in Christus.

Das war der Wendepunkt für Steve Addison. Er schreibt,

Ich sagte Gott, „Wenn das der Deal ist, dann bin ich dabei. Selbst wenn jeder Tag gefüllt ist mit Gefühlen der Verzweiflung, ich werde dir vertrauen. Selbst, wenn ich meine Träume nie erfüllt sehe, ich werde dir dienen.“ Ich zweifelte an allem nur nicht an der Wirklichkeit, dass Jesus starb und auferstand und an das Versprechen das Gott mich liebt. Das war genug.“

Pioneering Movements; Steve Addison; S.21

Leute, das sind ganz tiefgreifende Erkenntnisse. Wenn das wirklich genug ist für mich, dann kann ich Wandel initiieren und gesund durch den Wandel leiten.

Entspannt bleiben

Mein Coach hat mal bemerkt, dass ich angespannt bin. Wir sprachen darüber, wie wichtig es sei, Wege zu finden, wie ich gut runterkommen könnte. Meine Frau und ich haben zusammen überlegt und beschlossen, dass ich ab und zu mal das Abendessen koche. Ich habe schon meine erste selbstgemachte Bolognese gekocht – und auch leicht angebrannt. Im Urlaub in diesem Jahr haben wir eine Radtour gemacht. Wir sind 340 km von Passau nach Wien gefahren. Ich habe extra dafür unsere Fahrräder herrichten lassen. Es war klasse. Diese Aktivitäten helfen mir runterzukommen und Pluspunkte bei meiner Frau zu sammeln.

Wenn wir es nicht lernen gesund runterzukommen, dann tun wir es auf eine ungute Art und Weise. Als Leiter sind wir anfällig für ungute Seelentröster. Der Druck, den wir durch den Wandel als Leiter erfahren, braucht einen Ausgleich. Entweder wir finden einen guten Ausgleich oder wir werden sehr anfällig für ungute Seelentröster.

Neben dem guten Runterkommen ist es für mich sehr wichtig meine Beziehungen zu genießen. Für mich heißt das vor allem, meine Ehe und unsere Kinder zu genießen.

In seinem Buch „Emotional gesund leiten“ spricht Peter Scazzero davon, dass unsere Ehe unsere wichtigste Predigt ist. Das bedeutet für mich, dass es nichts gibt, was eine deutlichere Botschaft vermittelt, als der Zustand unserer Ehe. Es ist entweder eine deutlich schlechte Botschaft oder eine deutlich gute Botschaft. Wie wollen wir als Leiter eine Botschaft von Versöhnung, Frieden und bedingungsloser Liebe verbreiten, wenn unsere Ehe eine ganz andere Sprache spricht?

Vor ca. zwei Jahren entstand der Gedanke in mir, dass meine wichtigsten Ziele nicht im Bereich des Dienstes liegen. Da habe ich meine Ziele und weiß ziemlich genau, wo ich hin will. Darin will ich auch weiterhin fleißig sein. Aber mir wurde irgendwie klar, dass das, was mich wirklich nach vorne bringt, der Fortschritt im Bereich der persönlichen Beziehung ist. Christel und ich haben wirklich schon immer eine recht unkomplizierte und schöne Ehe geführt. Aber Ehe will lebendig, knackig und frisch gehalten werden. Es geht nicht darum, einfach eine Ehe zu führen, es geht darum, unsere Ehe immer noch mehr zu genießen und sich noch tiefer aneinander zu erfreuen.

Wandel ist kräftezehrend. Als Leiter müssen wir es lernen entspannt zu bleiben. Wir können nicht darauf warten, bis es von selbst passiert. Sonst laufen wir gegen eine Wand, fallen in ein schwarzes Loch und erliegen der Versuchung von unguten Seelentröstern. Dabei schaden wir uns selbst, unseren Familien und dann auch Gottes Familie, seiner Gemeinde. Du bist es Gott wert, dass du dir die Zeit nimmst, entspannt zu leben.

Fazit

Kirche kann sich wandeln, um bedeutungsvoll zu bleiben. Pastorale Führungskräfte können ihre Kirchen im und durch Wandel führen und selbst dabei emotional und geistlich gesund bleiben.

Dies geschieht jedoch nicht automatisch. Leiter müssen es lernen, den Wandel ihrer Kirchen gesund zu leiten. Wenn sie es tun, entstehen Gemeinden, die der Welt die Hoffnung bieten, die nur die Gemeinde bieten kann.

Auf diese Kirchen warten unsere Mitmenschen.


Photo by Chris Lawton on Unsplash

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